Grundsatzbeschluss des Marktgemeinderates Eggolsheim zur Zulassung von Freiflächenphotovoltaikanlagen
In den letzten Monaten war die Verwaltung mit vermehrten Anfragen und Anträgen bezüglich der Umsetzung und Entwicklung von Freiflächenphotovoltaikanlagen betraut. Um die Entwicklung im gesamten Gemeindegebiet sinnvoll, gerecht und transparent steuern zu können, hat der Marktgemeinderat in der letzten Sitzung am 25.10.2022 einen Grundsatzbeschluss gefasst.
Die Situation im Gemeindegebiet bezüglich der Nutzung und des Ausbaus von erneuerbaren Energien gestaltet sich nach Auswertung des durch den Markt Eggolsheim in Auftrag gegebenen Energienutzungsplans wie nachfolgend beschrieben. Die Erkenntnisse aus dem Energienutzungsplan bilden auch die Basis für den Beschluss.
Kriterium Energiebedarf
Grundsätzlich wird das Ziel verfolgt, eine weitgehende regenerative Elektrifizierung aller Sektoren, also auch der Wärmeversorgung und der Mobilität, zu erreichen. Um den gesamten heute noch nicht erneuerbaren Anteil des Endenergieverbrauchs durch Strom zu decken, werden im Jahr 2040/2045 (Klimaneutralität) unter diversen realistischen Annahmen ca. 80.000 MWh/a Strom benötigt. Hiervon werden heute im Gemeindegebiet 14.000 MWh/a erneuerbar erzeugt. Die übrigen 66.000 MWh/a müssten durch zusätzliche erneuerbare Stromanlagen bereitgestellt werden.
Die heutige Erzeugungsmenge müsste also ca. versechsfacht werden. Darüber hinaus muss man sich im Klaren sein, dass die vorhandenen Potenziale auch über das Eigenverbrauchsbudget hinaus dazu genutzt werden müssen, einen Betrag zur Gesamtversorgung des Landes zu leisten.
Unter der Annahme, dass der heutige Bestand an PV-Anlagen auf den Dächern bis 2040/2045 verdreifacht werden kann und die Wasserkraft- und auch die Biogasanlagen in 2040/2045 noch in Betrieb sind, verbleiben noch ca. 60.000 MWh/a, die durch zusätzliche EE-Anlagen erzeugt werden müssten.
Kriterium Flächenbewertung
Im Energienutzungsplan wurden die Flächenpotenziale für Freiflächenphotovoltaik ermittelt und ein spezifischer Punktewert als Anhaltspunkt für eine Bewertung festgelegt.
Für die Zulassung von FF-PV-Anlagen dient eben diese Flächenbewertung als Hauptanhaltspunkt.
Zugrunde gelegt wurde folgender Kriterienkatalog (HK=Harte Ausschlusskriterien; WK=Weiche Ausschlusskriterien mit Punkteabzug; geeignet=besondere Eignung mit Pluspunkten).
Anhand der aufgeführten Kriterien ergibt sich nachfolgende flächenspezifische Bepunktung im Gemeindegebiet:
Beschluss auf Basis dieser Kriterien
Um auf dem Sektor der Freiflächen-Photovoltaik rasche Fortschritte zu erzielen und dem Bedarf der schnellen Energiewende gerecht zu werden, hat der Marktgemeinderat in seinem Beschluss eine Leistung von 30 MWp auf Flächen mit bis zu -3 Punkten freigegeben. Damit würden etwa 30-33.000 MWh/a Energie erzeugt.
Ist im Gebiet der Marktgemeinde die installierte Leistung von 30 MWp erreicht, wird der Marktgemeinderat sukzessive das Bewertungsminimum für weitere zu belegende Flächen neu festlegen.
Umgerechnet in Fläche kann man bei durchschnittlichen PV-FF-Anlagen von einem Hektar je 1 MWp installierter Leistung ausgehen. Bei einer Gesamtgemeindefläche von rund 4900 Hektar würden bei einer Freigabe von 30 MWp ca. 0,6 % der Gemeindefläche für PV-FF-Anlagen verwendet.
Denkbar sind nach Erreichen der ersten Grenze von 30 MWp Anpassungsschritte alle 10 MWp. So kann man dann auch die Entwicklung und den Ausbau der Windkraftpotenziale im Blick behalten. Auch der flächenspezifische Punktewert könnte in diesem Schritt natürlich angehoben werden.
Weitere allgemeine Festlegungen und Auflagen
Um auch den verwaltungstechnischen Ablauf einer Antragstellung zu regeln, die Partizipation der Marktgemeinde an den Projekten zu sichern und einer umweltverträglichen Betriebsführung gerecht zu werden, beinhaltet der Beschluss noch weitere Kriterien, welche die Antragsteller erfüllen müssen, wenn die Grundkriterien „Energiebedarf“ und „Flächenbewertung“ eine grundsätzliche Zulassung erlauben.
Hier eine Auswahl relevanter Auflagen (auszugsweise):
– Die Anträge zur Errichtung von FF-PV-Anlagen sind in Schriftform mittels aussagekräftiger Pläne und Visualisierungen bei der Gemeindeverwaltung einzureichen.
– Anhand der eingereichten Unterlagen wird der Marktgemeinderat die geplanten Projekte, orientiert an diesem Grundsatzbeschluss, vergleichen und über die Durchführung eines Bauleitplanverfahrens entscheiden. Ein Rechtsanspruch eines Grundstücksbesitzers oder Antragstellers auf eine Umsetzung in einem Bauleitplanverfahren besteht nicht.
– Die beantragten FF-PV-Anlagen dürfen gegenüber Gebäuden mit Wohnnutzung keine wesentlichen Störungen auslösen. Daher soll der Abstand zu Wohngebäuden mindestens 200 m betragen.
– Beantragte FF-PV-Anlagen müssen eine Mindestfläche von 3.000 m² vorweisen.
– Der Antragsteller hat die Marktgemeinde nach dem Mustervertrag des EEG-Gesetzes (§ 6 Abs. 1 Nr. 2 EEG 2021) finanziell an der PV-Anlage zu beteiligen. Mit der Novellierung im EEG-Gesetz ist eine Beteiligung mit 0,2 ct/KWh obligatorisch. Der Vertrag ist erst nach Inkrafttreten des jeweiligen Bebauungsplans abzuschließen, da das Verfahren selbst neutral zu bearbeiten ist (rechnerischer Anhaltspunkt: 2.000 € jährlich / MWp installierter Leistung).
– Der (Firmen-)Sitz des Betreibers der FF-PV-Anlage muss in der Marktgemeinde Eggolsheim liegen. Der Betreiber der FF-PV-Anlage hat deshalb für sich und seine Rechtsnachfolger sicherzustellen, dass die gesamte Gewerbesteuer der Anlage vollumfänglich in der Marktgemeinde gezahlt wird.
– Die Errichtung und Pflege der Anlage haben unter Berücksichtigung der Empfehlungen des Praxis-Leitfaden für die ökologische Gestaltung von FF-PV-Anlagen des Bayerischen Landesamt für Umwelt zu erfolgen. Dies hat der Antragsteller im Rahmen der Antragstellung ausführlich darzulegen.
– Durch ein Mindestmaß an Pflege der Fläche ist zu gewährleisten, dass die Bewirtschaftung benachbarter, landwirtschaftlich genutzter Flächen nicht beeinträchtigt wird. Die benachbarten Grundstückseigentümer sind rechtzeitig vorher in das Planungsverfahren einzubinden und sollten möglichst vorab ihre Zustimmung erklären.
– Die Umzäunung der Anlage ist so zu gestalten, dass sie Natur- und Artenschutz fördert. Hierfür können beispielsweise Naturzäune, bestehend aus heimischen Gehölzen, eine Möglichkeit darstellen. Die Umzäunung der Anlage muss eine Durchlässigkeit für Kleintiere gewährleisten.
– Die Aufständerung der Solaranlagen hat ausreichend Platz vom Boden bis zur Unterkante der Solar-Module zu belassen, damit Tiere darunter durchwandern können. Als Richtwert gelten 80 Zentimeter Abstand, damit z.B. auch Schafe problemlos zur Pflege der Fläche eingesetzt werden können.
– Agri-Photovoltaikanlagen werden bevorzugt.
Fazit:
Der Grundsatzbeschluss des Marktgemeinderates wird einer schnellen Umsetzung der Energiewende gerecht, orientiert sich aber sowohl am notwendigen Energiebedarf sowie an einer fundierten Flächenbewertung.
Eine koordinierte, gerechte, transparente und stufenweise anpassbare Entwicklung im Sektor der Freiflächenphotovoltaikanlagen im Gemeindegebiet ist somit möglich und es werden nicht wahllos Flächen „geopfert“.
Der Beschluss behält letztlich aber vor allem die Potentiale der Entwicklung weiterer EE-Anlagen (Wind und Wasser) im Gemeindegebiet im Blick, ohne bereits jetzt zu stark auf einen speziellen Sektor zu setzen.
Damit legt er die Basis für einen ausgewogenen Energiemix der Zukunft.